Home > Anatomie > diese Seite

5. Die spezielle Morphologie von Atlas und Axis

9. Dezember 2008

Atlas (Erster Halswirbel)

Der erste Halswirbel (Atlas) trägt als schädelnächster Teil der Wirbelsäule den gesamten Kopf. Aufgrund dieser Funktion wurde sein Name vom Titanen Atlas der griechischen Mythologie entlehnt, der die Last des Himmelsgewölbes auf seinen Schultern tragen musste.

Da der Atlas das Nicken (Anteflexion und Retroflexion) ermöglicht, wird er umgangssprachlich auch als »Nicker« bezeichnet. In der klinischen Praxis wird der erste Halswirbel mit C1 abgekürzt.

Form

Wegen der besonderen Lage und Beanspruchung besitzen sowohl der Atlas, als auch der zweite Halswirbel (Axis; in der klinischen Praxis mit C2 abgekürzt), der mit dem Atlas eine funktionelle Einheit bildet (die beiden Atlantoaxialgelenke), eine von den anderen Wirbeln verschiedene, spezialisierte Form. Der Atlas hat entwicklungsgeschichtlich (morphogenetisch) seinen Wirbelkörper (Corpus vertebrae) verloren und ähnelt weitestgehend einem Ring. Er ist also ein ringförmiger Wirbel ohne Wirbelkörper und Dornfortsatz (Processus spinosus). Innerhalb dieses Rings, auf der rückwärtigen (dorsalen) Seite, verläuft vom Gehirn kommend das Rückenmark (Medulla spinalis) und setzt sich mitsamt seinen Hirnhäuten (Meningen) in dem mit dem Atlas beginnenden Wirbelkanal (Canalis vertebralis) durch die Wirbelsäule fort.

Der Ring des Atlas wird morphologisch folgendermaßen gegliedert:

  • Zwei seitliche (leicht ventral liegende) Auftreibungen, die sogenannten Massae laterales atlantis (sg. Massa lateralis)
  • Ein vorderer Atlasbogen (Arcus anterior atlantis)
  • Ein hinterer Atlasbogen (Arcus posterior atlantis)

Die Massa lateralis atlantis ist der massenverstärkte Seitenteil des Atlas zwischen dessen vorderem Atlasbogen (Arcus anterior atlantis) und hinterem Wirbelbogen (Arcus posterior atlantis); Die beiden Massae laterales setzen sich seitwärts fort in den Querfortsätzen (Processus transversi). Die Querfortsätze gehen entwicklungsgeschichtlich aus den Processus costales hervor und enthalten die für alle Halswirbel typische, kleine Öffnung, das Querfortsatzloch (Foramen transversarium, pl. Foramina transversaria), durch die u.a. die Vertebralarterie (Arteria vertebralis) schädelwärts verläuft und durch das Hinterhauptsloch (Foramen magnum) schließlich in den Kopf eintritt. Die Massae laterales atlantis sind über den vorderen und hinteren Atlasbogen zu einem geschlossenen Ring verbunden.

Die Massa lateralis trägt oben und unten je einen Gelenkfortsatz (Processus articularis superior und Processus articularis inferior). Die Gelenkflächen (Gelenkpfannen; Foveae articulares superiores oder Foveae articulares craniales) der oberen beiden Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) bilden zusammen mit den Gelenkflächen der beiden Kondylen (Condylii occipitales) des Hinterhauptsbein (Os occipitale) des Schädels das Atlantookzipitalgelenk (oberes Kopfgelenk; Articulatio atlantooccipitalis). Die Gelenkflächen (Facies articulares inferiores) der unteren beiden Gelenkfortsätze (Processus articulares inferiores) bilden zusammen mit den Gelenkflächen der oberen Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) des zweiten Halswirbels (Axis) das seitliche (laterale) Atlantoaxialgelenk (Articulatio atlantoaxialis lateralis), das sich als Teil der unteren Kopfgelenke darstellt.

An der Innenseite des vorderen Atlasbogens (Arcus anterior atlantis) ist die Dens-Grube (Fovea dentis) gelegen, an der bauchwärtigen (ventralen) Aussenseite des vorderen Atlasbogens liegt das Tuberculum anterius atlantis.

Am hinteren Atlasbogen findet sich zum Rücken hin (dorsal) ein Rudiment des Dornfortsatzes (Processus spinosus), das sogenannte Dorfortsatzrudiment (Tuberculum posterius atlantis). Im Gegensatz zu allen anderen Wirbeln besitzt der Atlas also keinen Dornfortsatz, sondern anstelle dessen nur jenen kleinen Höcker. Auf seiner kopfzugewandten (cranialen) Fläche verlaufen in der Nähe der Massae laterales die Vertebralarterienfurchen (Sulci arteriae vertebralis, sg. Sulcus arteriae vertebralis) für die Vertebralarterien (Arteriae vertebrales).

Bandstrukturen des Atlas

Das Atlas-Querband (Ligamentum transversum atlantis) ist ein kurzes, sehr kräftiges Band, das sich im Knochenring des Atlas ausspannt. Es läuft nach ventral (bauchwärts) konkav und ist in seiner Mitte breiter als an seinen beiden Enden. Es ist beidseits je an einem kleinen Tuberkel der medialen Fläche der beiden Atlasbögen befestigt.

Auf Höhe des Dens axis entsendet es einen kleinen Faserstrang (Crus superius) kopfwärts (cranial) zum Hinterhauptsbein (Os occipitale) und einen weiteren Faserstrang (Crus inferius) nach kaudal zur dorsalen Fäche des Wirbelkörpers des Axis. Diese Faserzüge werden zusammen mit dem Ligamentum transversum atlantis in ihrer Gesamtheit als Ligamentum cruciatum atlantis (oder Ligamentum cruciforme atlantis) bezeichnet.

Das Atlas-Querband teilt das Wirbelloch (Foramen vertebrale) des Atlas in zwei Teile. Der vordere Teil enthält demnach den Dens axis, der hintere Teil das Rückenmark (Medulla spinalis, Myelon) und die Rückenmarkshäute (Meningen encephali).

Die Gelenkflächen des Atlas

Die Gelenkflächen des Atlas sind:

  • Zwei ovale Gelenkgruben (Foveae articulares superiores; sg. Fovea articularis superior) auf den beiden oberen Gelenkfortsätzen (Processus articularis superior) des Atlas, die den Schädel über die Gelenkflächen der beiden Kondylen (Condyli occipitales) am ventrolateralen (vorn-seitlich) Rand des großen Hinterhauptsloches (Foramen magnum) des Hinterhauptsbeins (Os occipitale) tragen. Die Gelenkflächen der beiden Kondylen des Hinterhauptsbeins bilden zusammen mit den oberen Gelenkgruben des Atlas das Atlantookzipitalgelenk (oberes Kopfgelenk; Articulatio atlantooccipitalis)
  • Zwei fast plane rundliche Gelenkfklächen (Facies articulares inferiores) an den beiden unteren Gelenkfortsätzen (Processus articularis inferior) zur Artikulation mit den Gelenkflächen der oberen Gelenkfortsätze (Processus articularis superior) des zweiten Halswirbels (Axis)
  • Die Dens-Grube (Fovea dentis atlantis)

Gelenke des Atlas

Der Atlas ist das zentrale Element der beiden Kopfgelenke. Er ist zum Schädel hin mit dem Hinterhauptsbein (Os occipitale) und nach unten mit dem Axis gelenkig verbunden. Der Zahnfortsatz des zweiten Halswirbels (Dens axis) leitet sich ontogenetisch vom Wirbelkörper des Atlas ab und liegt genau dort, wo der Wirbelkörper des Atlas fehlt, also auf der bauchwärtigen (ventralen) Seite des Rings zwischen den beiden Massae laterales.

Das Gelenk zwischen Hinterhauptsbein und Atlas wird als Atlantookzipitalgelenk (oberes Kopfgelenk; Articulatio atlantooccipitalis) bezeichnet.

Zwischen Atlas und Axis besteht ebenfalls eine gelenkige Verbindung über die jeweiligen Gelenkfortsätze. Dabei artikulieren die unteren Gelenkfortsätze (Processus articulares inferiores) des Atlas mit den oberen Gelenkfortsätzen (Processus articulares superiores) des Axis. Zudem besteht eine gelenkige Verbindung zwischen Zahnfortsatz (Dens axis) des Axis und vorderem Atlasbogen (Arcus anterior atlantis) in der Dens-Grube (Fovea dentis) des Atlas. Diese Gelenkstrukturen werden zusammenfassend als Atlantoaxialgelenke (untere Kopfgelenke; Articulationes atlantoaxiales mediana et laterales) bezeichnet .

Entwicklungsstörungen

Der Atlas kann aufgrund einer Entwicklungsstörung ganz oder teilweise mit dem Hinterhauptsbein (Os occipitale) verwachsen, was als Atlasassimilation bezeichnet wird. Ursache hierfür ist die komplette oder teilweise Verschmelzung der Sklerotome aus den oberen vier Somiten, aus denen sich das knöcherne Material der Wirbel (und auch des Hinterhauptsbeins) ableitet.

Axis (Zweiter Halswirbel)

Axis bezeichnet den Halswirbel, der nach oben mit dem Atlas artikuliert. Das Wort Axis stammt aus dem Griechischen und bedeutet Achse. Zusammen mit dem Atlas bildet er die beiden unteren Kopfgelenke (Articulationes atlantoaxiales mediana et laterales) und ermöglicht vor allem die Drehung des Kopfes.

5.2.1 Form des Axis

Der Axis unterscheidet sich durch seine Form von allen anderen Wirbeln der Halswirbelsäule. Der Wirbelkörper (Corpus vertebrae) ist relativ groß und massiv. Der Axis ist der Halswirbel mit der größten Knochenmasse.

Kennzeichnendes Merkmal ist der dem Wirbelkörper aufsitzende Zahn des Axis (Zahnfortsatz; Dens axis), der mit einer stumpfen Spitze (Apex dentis) abschließt. Der Dens axis stellt ontogenetisch den Wirbelkörper des Atlas dar und liegt auch genau dort, wo dem fast ringförmigen Atlas der Wirbelkörper fehlt. Der Dens axis besitzt eine vordere und hintere Gelenkfläche (Facies articularis anterior dentis und Facies articularis posterior dentis).

Die Wirbelbogenfüßchen (Pediculi arcus vertebrae) sind breit und stark ausgeprägt.

Die oberen Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) sind am Axis nicht prominent. Die oberen Gelenkflächen (Facies articulares superiores) liegen auf den Wirbelbogenfüßchen (Pediculi arcus vertebrae) und dehnen sich auf den Wirbelkörper (Corpus vertebrae), zum Dens axis hinlaufend und auf die Querfortsätze (Processus transversi) aus. Zusammen mit den Gelenkflächen (Facies articulares inferiores) der beiden unteren Gelenkfortsätze (Processus articulares inferiores) des Atlas bilden sie die gelenkige Verbindung des (paarigen) seitlichen Atlantoaxialgelenks (der Articulationes atlantoaxiales laterales).

Auf der Unterseite des Axis liegen zwei halswirbeltypische Gelenkfortsätze (Processus articulares inferiores) mit nahezu planen, zum Rücken hin (dorsal) abwärts geneigten Gelenkflächen (Facies articulares inferiores) zur gelenkigen Verbindung mit den ebenfalls nahezu planen Gelenkflächen der oberen Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) des nachfolgenden (dritten) Halswirbels.

Rückenseitig (dorsal) schließt der ebenfalls recht massive Wirbelbogen (Arcus vertebrae) an, dessen Ende den kurzen, gegabelten Dornfortsatz (Processus spinosus) trägt.

Nach beiden Seiten des Axis zieht vom Wirbelbogenfüßchen (des Wirbelbogens) je ein kurzer Querfortsatz (Processus transversus) mit dem runden Querfortsatzloch (Foramen transversarium).

5.2.2 Die Gelenkflächen des Axis

Die Gelenkflächen des Axis sind:

  • Eine vordere Gelenkfläche des Dens axis (Facies articularis anterior dentis)
  • Eine hintere Gelenkfläche des Dens axis (Facies articularis posterior dentis)
  • Zwei obere leicht konvexe Gelenkflächen (Facies articulares superiores), die sich auf den Wirbelkörper (Corpus vertebrae), zum Dens axis hinlaufend, auf die Wirbelbogenfüßchen (Pediculi arcus vertebrae) und die Querfortsätze (Processus transversi) ausdehnen
  • Zwei untere Gelenkflächen (Facies articulares inferiores) an den unteren Gelenkfortsätzen (Processus articulares inferiores) am Wirbelbogen (Arcus vertebrae) des Axis

5.2.3 Gelenke des Axis

Zwischen Atlas und Axis besteht eine gelenkige Verbindung (Artikulation) über die Gelenkflächen (Facies articulares inferiores) der unteren Gelenkfortsätze (Processus articulares inferiores) des Atlas mit den oberen Gelenkflächen (Facies articulares superiores) der nichtprominenten oberen Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) des Axis.

Zudem besteht eine gelenkige Verbindung zwischen der vorderen Gelenkfläche des Dens axis (Facies articularis anterior dentis) in der Dens-Grube (Fovea dentis atlantis) des Atlas. Diese Gelenkstrukturen werden zusammenfassend untere Kopfgelenke (Atlantoaxialgelenke; Articulationes atlantoaxiales mediana et laterales) bezeichnet.

Nach unten hin artikuliert der Axis mit seinen beiden untereren Gelenkfortsätzen (Processus articulares inferiores) über deren Gelenkflächen (Facies articulares inferiores) mit den Gelenkflächen (Facies articulares superiores) der oberen Gelenkfortsätze (Processus articulares superiores) des dritten Halswirbels und bildet mit ihnen ein normales Zwischenwirbelgelenk (Articulatio zygapophysialis).

Text rekonstruiert aus Sicherheitskopie Die Halswirbelsäule auf Wikibooks.
Kommentare sind geschlossen