Email von Newt Stegemann mit Diagnosemethoden und Übungen für die instabile HWS

Quelle: http://www.unfallopfer.de/forum/showpost.php?p=183514&postcount=36

Diagnose

Liebe Frau/Lieber Herr ...

Sie leiden möglicherweise an einer HWS-Instabilität. Gehen Sie zum Hausarzt und bitten Sie ihn um Ausstellung einer Überweisung für Röntgen der Halswirbelsäule:

Es sollte folgender Text auf dem Überweisungsträger stehen. Wenn Ihr Hausarzt nicht hilft, suchen Sie ggf. bitte einen weiteren Arzt auf und teilen diesem mit, Sie benötigten die Bilder zur Alternativbeurteilung (Second Opinion).

"Röntgen HWS, transorale Densprojektion in hochzervikaler maximaler Lateralflexion. Beidseits.
Versuch der überlagerungsfreien Darstellung densapikal durch geeigneten Projektionswinkel und Ante-/Retroflexion.
Unterkiefer präzise symmetrisch."

"Zusätzlich Röntgen HWS im Liegen: Maximale Anteflexion und maximale Retroflexion von sagittal durch Lagerungskissen. 45 Min. nach Gabe von Tetrazepam."

Tetrazepam auch gleich verschreiben lassen. Das ist nötig, da Körper Gelenkversagen durch Hypertonus kompensieren versucht. Es geht um eine dekompensierte Provokation.

Am besten bei einer kleinen radiologischen Praxis anfertigen lassen. Ich würde mir die Bilder sehr gerne ansehen. Bitte dann per eMail an mich senden, wenn Sie dies wünschen.

Zusätzlich wäre Dr. Friedburg im RadZep (www.rad-zep.de) in Karlsruhe ein Ansprechpartner für eine Funktions-CT Ihrer Halswirbelsäule (Anmerkung OP: existiert nicht mehr),
Dr. Förg in Aschheim (zusätzlich oder alternativ) als Ansprechpartner für eine Funktions-MRT der Halswirbelsäule.

Ich würde die Befunde gerne per eMail einsehen.

Damit könnten Sie ggf. zu Prof. Dr. Marcus Richter ans Wirbelsäulenzentrum des St.-Josefshospital in Wiesbaden.

Ggf. bitte in die Privatsprechstunde von Prof. Richter.

Alternativ würde ich je nach persönlichen Einschätzung folgendes bevorzugen:

Zusammenhänge

Dem Stand meiner Erfahrung gemäß, ist die Fähigkeit der Heilung verletzter Bänder auf die Akutphase beschränkt. Kommt es zu nicht ausreichender Heilung, bleibt eine Defektheilung. Dies liegt daran, daß Kollagenfasern kein durchblutetes metabolitisches Gewebe darstellen und die Heilung in erster Linie durch Einblutung und damit Zelltransfer ins Verletzungsgebiet durch Hämatome und Entzündungsreaktionen stattfindet.

Eine Entzündungsreaktion (nicht zu verwechseln mit einer bakteriellen Infektion) ist lebensnotwendig für den Reparaturprozeß. Leider werden aus Mangel an Verständnis bei Verletzungen entzündungshemmende Substanzen (Antiphlogistika), wie beispielsweise Voltaren verabreicht. Dadurch wird die lebensnotwendige Reparatur unterdrückt und der Heilungsprozess kommt zum Erliegen.

Dazu kommen der modernen Welt angepasste Lebensweisen, ohne der Anatomie des – bitte verzeihen Sie – autapomorphistisch angepassten "Affenmenschens" an seine Umwelt Respekt zu zollen. Das gesamte Skelettsystem ist unzureichend und falsch belastet, die Hüfte durch chronische Überdehnung der hinteren Oberschenkel- und Po-Muskulatur durch langes Sitzen überdehnt, die Hüftbeuger überkräftig, Hohlkreuz, schwache Bauchmuskulatur, protrahierte Schultern, ... unter dieser Situation geraten die Kräfte im Körper aus dem Gleichgewicht. Während in der Natur möglicherweise Heilung konstitutionell gefördert stattfindet, klaffen beim Menschen die Gelenkenden auseinander und finden schwer zusammen. Frühzeitige Mobilisation tut das übrige.

Erste Therapiemaßnahmen, Trainingsprogramm und Vorsichtsmaßnahmen

Ich würde daher an Ihrer Stelle möglicherweise in Betracht ziehen...

A) den Körper so gut es geht ins Gleichgewicht zu bringen

Dies ist sowohl für chirurgische, als auch andere Therapieformen überaus förderlich.

Aus diesem Grund würde ich, soweit es Ihnen möglich ist, folgendes Trainingsprogramm konsequent durchführen:

a1) Dreimal täglich 30 Minuten folgende Übungen:

Stärkung der hinteren Oberschenkelmuskulatur mit "Glute hamstring raises" (siehe Youtube), dies führt mittelfristig zu einer dramatischen Entlastung der Halsmuskulatur, auch wenn es schwer nachzuvollziehen ist.

https://youtu.be/SwlxzLxj3Ck

Desweiteren "Scapular Wall Slides" (eher vorsichtig am Anfang um zu sehen, daß es zu keiner Verschlechterung kommt. Aber ich denke, dass dies sich positiv auswirkt.

https://youtu.be/W_p73Vqhs-8

Und drittens noch sogenannte "Facepulls".

https://youtu.be/i6wTUg_tA-A

Dazu bitte auf Tastatur/PC-Gebrauch verzichten, denn die viel schmäler als die Schulter konzipierten Tastaturen führen zu Protraktion/Elevation der Schultern und die Wirbelsäule kompensiert oder nimmt Schaden

a2) Bitte auf jegliche Einrenkmanöver, Deblockierungen, Chiropraxis, Dehnübungen (auch kein Türrahmen-Pec-Stretch) verzichten

a3) Möglicherweise würde die Behandlung auf einer Vibrationsplatte die tiefsten paravertebralen Muskeln des gesamten Skeletts kräftigen und dadurch zu einem langfristigen "Zusammenzurren" führen. Und mittelfristig ist im Rahmen der natürlichen Regeneration des Körpers möglicherweise mit Besserung zu rechnen.

Ich würde eine Platte empfehlen, die seitliche Schwingungungen ausführt, um einer Anterolisthesis vorzubeugen.

Ob die Vibrationsplatte Erfolg bringt, kommt auf das Ausmaß und die Multifokalität der Verletzung an. Ich würde das ganz vorsichtig ausprobieren, und nur, wenn es in der Seele keine Widerstände gibt. Ein gutes solches Gerät ist der Galileo-Vibrationstrainer. Je nach Ausmaß der Verletzung kann jedoch die Heilung ausbleiben. Das ist schwer zu beurteilen.

B) Proliferationstherapie

Parallel zum Muskeltraining empfiehlt es sich ggf., einen Proliferationstherapeuten im Ausland aufzusuchen. Leider sind die Anbieter in Deutschland (den aktuellen Berichten zufolge) nicht erfahren, und die Behandlung ist teuer und Erfolg bleibt wiederholt aus.

MD Hewitt hat an Barré-Lieou-Syndrom-Patienten (so wird diese Verletzung auch unspezifisch genannt) mit 300 Betroffenen eine Heilungsrate von weit über 90% erzielt. Ein Schüler von Dr. Hewitt ist MD Ross Hauser (www.caring-medical.com) ich denke, er könnte wirklich ursächlich helfen, denn er hat die Verletzung, die Anatomie und die Physiologie verstanden und sagenhafte Erfolge. Es sind immer wieder Patienten aus Deutschland bei ihm. Das ist leider auch eine Kostenfrage. Vielleicht kann ggf. ein Sozialdienst nach Sichtung der Sachlage helfen.

Ansonsten bleibt ggf. der Besuch bei Prof. Richter am St. Josefs-Hospital in Wiesbaden. Da ein Arzt niemals Heilung versprechen kann, werden viele Patienten zunächst abgewiesen. Dadurch findet eine natürliche Auslese statt. Deshalb gilt es ggf. hartnäckig zu bleiben, um der Ernsthaftigkeit Nachdruck zu verleihen.

Ich persönlich denke, die Zukunft wird im Groben der Proliferationstherapie nach Hewitt gehören.

Ich wünsche Ihnen allen Segen dieser Welt und Gute Besserung.

Newt Stegemann

Kleine Korrekturen in Interpunktion und Formatierung von mir (Olaf Posdzech), um die Lesbarkeit zu verbessern. Zwischenüberschriften und Videos eingefügt.

* * *