Entzündungen durch Gluten (Klebeeiweiß des Weizen)

Der Gehalt an Gluten im Weizen ist in den letzten Jahren immer mehr gesteigert worden, damit sich der Weizen besser in Maschinen verarbeiten lässt. Bei sehr vielen Menschen löst Gluten jedoch eine heftige Entzündung des Darms aus, die weitreichende Folgen haben kann.
Diese Reaktion ist nicht identisch mit der bekannten, aber viel selteneren Zölliakie. Deshalb lässt ein Ausschluss einer Zölliakie keine Aussage zu, ob man Gluten verträgt. Die Entzündung des Darms lässt sich jedoch anhand der typischen Symptome entdecken, und eine Allergie kann durch Antikörper-Tests eindeutig nachgewiesen werden.

Weizen kann auf mindestens 6 Arten Entzündungen im Darm auslösen:

Man kann von keinem, einem oder mehreren dieser Auslöser betroffen sein.
Viele Patienten beobachten deutliche Besserungen, wenn sie auf Weizen verzichten.

Was ist Gluten?

Gluten, das Klebeeiweiß des Weizens sorgt dafür, dass Teig aus Weizen so gut in Form bleibt. Jeder, der mal selbst Brot bäckt, erlebt das sehr eindrücklich. Ein Teig aus Roggen zerläuft zu einer großen Pfütze, während der Teig aus Weizen schön seine Form behält.
Je höher der Gehalt an Gluten, desto besser lässt sich Weizen mit Maschinen verarbeiten. Je höher der Anteil von Gluten im Weizen ist, desto mehr Geld bekommt daher der Bauer. Daher wird der Glutengehalt von Weizenkörnern standardmäßig gemessen, wenn Weizen irgendwo gehandelt wird.
Aus all diesen Gründe wurde der Glutengehalt des Weizens durch Züchtung in den letzten 30 Jahren immer mehr erhöht. Das geht auf Kosten des Geschmacks, denn im selben Maße verringerte sich der Anteil der geschmacksliefernden Stoffe im Getreide. Einer der Gründe, warum heute Backwerk oft so fade schmeckt.

Aber der fade Geschmack ist nicht der Grund, warum Weizen und Gluten so in Verruf geraten sind. Der Grund ist: seit der Anteil des Glutens in Nahrungsmitteln immer mehr steigt, bekommen immer mehr Menschen heftige Probleme mit dem Gluten. Es kann starke Entzündungen im Darm erzeugen, die auf Dauer den Körper massiv auslaugen.

Symptome durch Gluten

Aus Gründen, die lange nicht verstanden waren, entwickeln viele Menschen starke Entzündungen durch Gluten im Essen. Inzwischen weiß man, dass der Gluten-Bestandteil Gliadin auf mindestens vier unabhängige Arten Entzündungen im Darm auslösen kann. Diesen vier Mechanismen entsprechen vier verschiedene Abschnitte auf dem fadenförmigen Gliadin-Molekül.(Fasano 2001)

Grafik

Abb. 1: Mindestens 50 toxische Epitope in den Gluten Peptiden zeigen zelltoxische, immunmodulierende und den Darm durchlässig machende Aktivitäten. Diese Aktivitäten wurden teilweise bestimmten Bereichen des α-Gliadin zugeordnet. Alessio Fasano, Zonulin and Its Regulation of Intestinal Barrier Function: The Biological Door to Inflammation, Autoimmunity, and Cancer. (Physiological Reviews, 2011), modifizierte Abbildung

Auch Antikörper gegen Weizen/Gluten sind bei vielen Menschen nachweisbar. Solche Antikörper vom Typ IgG rufen Entzündungen hervor, die sehr langsam ablaufen. Es kann manchmal Stunden dauern, bis sich eine Entzündung im Darm entwickelt, so dass der zeitliche Zusammenhang nicht immer offensichtlich ist.

Wenn sich der Darm schließlich entzündet, lagert er dabei sehr viel Wasser ein. Das Gewebe quillt auf (wie bei jeder Entzündung). Die Menge des Wasser ist beträchtlich, weil der Darm sehr lang ist und zusätzlich eine große Oberfläche besitzt. Bis zu zwei Liter Wasser werden durch diese Entzündung gebunden.
Das Wasser entnimmt der Körper dem Blut, und das Blut wird dadurch dickflüssiger. Man bekommt automatisch einen Drang, zu trinken. Meist mehrere Gläser nacheinander. Wer jetzt auf die Wage steigt, würde auch beobachten, dass er nun 1...2 kg schwerer geworden ist. So viel Wasser wurde eingelagert.

Die Entzündung des Darmes bleibt nun einige Stunden bis Tage bestehen. Meist ist sie nicht zu spüren, weil sie keine Schmerzen macht. Aber sie hat sehr schädliche biochemische Auswirkungen, denn bei Entzündungen entsteht immer nitrosativer Stress in Form der gasförmigen giftigen Substanz Stickstoffmonoxid (NO). Diese Substanz laugt den Körper aus, weil sie unter anderem mit Vitaminen chemisch reagiert und sie dadurch zerstört. Wer 10, 20 oder 30 Jahre lang fast täglich einen entzündeten Darm hat, bei dem sind in der Regel große Mängel an verschiedenen Vitaminen entstanden.

Nitrosativer Stress hat noch sehr viel mehr schädliche Auswirkungen. Unter anderem blockiert er zahlreiche Enzyme, die dann nicht mehr funktionieren. Man kann dadurch Funktionsstörungen in verschiedensten Organen bekommen, die sich die Ärzte nicht erklären können.
Für zahlreiche chronische Krankheiten wurde nachgewiesen, dass ihnen nitrosativer Stress vorausgeht.

Dieser schädliche, aber meist schmerzlose Zustand hält einige Stunden bis Tage an. Dann klingt die Entzündung ab. Das eingelagerte Wasser wird nun frei, geht ins Blut und man muss plötzlich große Mengen Urin ausscheiden. Bei vielen Patienten ist dies nachts der Fall.

Mit dem nächsten Brötchen, dem nächsten Stück Kuchen oder dem nächsten Nudelgericht beginnt das Ganze wieder von vorn. Eine Darmentzündung folgt der nächsten.

Oft ist noch ein anderes Organ durch IgG-Allergien betroffen, an das man gar nicht denkt: die Gelenke.
Der Grund ist folgender: Während der Entzündung gelangen mit Antikörpern markierte Nahrungsbestandteile ins Blut. Da sie etwas schwerer sind, lagern sie sich irgendwo im Körper ab, gern in den Gelenken. Dort liegen sie eine Weile, bis sie von Fresszellen entdeckt werden. Die Markierung mit den Antikörpern signalisiert den Fresszellen, dass sie diese Komplexe auffressen und abtransportieren sollen. Damit die Fresszellen an die Komplexe heran kommen, müssen sie jedoch im Gelenk eine Entzündungsreaktion auslösen. Sonst könnten sie dort nicht einwandern.
Diese Entzündungsreaktion macht Schmerzen in den Gelenken. Es kommt zu unerklärlichen Gelenkentzündungen. Da sie sehr viel später abläuft, fällt ein Zusammenhang zu den unverträglichen Nahrungsmitteln oft nicht auf.

Die Entzündung im Darm durch das Gluten wird oft nicht gespürt, aber die Folgen:

  • starker Durst nach Weizen/glutenhaltigen Speisen
  • Gewichtszunahme nach Weizen/glutenhaltigen Speisen
  • manchmal Darmträgheit und Verstopfung
  • häufiges nächtliches Wasserlassen
  • unerklärliche Gelenkentzündungen
  • bei langer Dauer: biochemische Auswirkungen mit unerklärlicher Schwäche, Organstörungen
  • löst oft Krankheiten aus wie Diabetes, Bluthochdruck, Hauterkrankungen, Schmerzen in anderen Körperteilen, starke Gewichtszunahme und sogar psychische Störungen

Diagnose der Gluten-Unverträglichkeit

Die bekannte seltene Form einer Gluten-Unverträglichkeit heißt Zölliakie. Bei der Zölliakie entzünden sich die Darmzotten so stark, dass es zu einer Zerstörung der Darmzotten und schweren Symptomen kommen kann.
Als Nachweis für die Zölliakie dienen entweder die zerstörten Darmzotten (Biopsie) oder die Messung der Antikörper gegen den Gluten-Bestandteil Gliadin.

Die hier besprochenen Unverträglichkeiten/Allergie gegen Gluten haben jedoch ganz andere Mechanismen. Diese Patienten haben keine Antikörper gegen Gliadin, sondern gegen andere Bestandteile des Glutens. Ein Test auf Anti-Gliadin läuft daher ins Leere.
Auch die Entzündungen laufen weniger heftig ab, so dass keine zerstörten Darmzotten nachweisbar sind.
Eine Zölliakie ist bei ihnen nicht nachweisbar. Trotzdem haben sie schwere Reaktionen gegen Gluten.

Da vielen Ärzten nur die Zölliakie bekannt ist, aber nicht die Gluten-UNverträglichkeit, kommt es zu makabren Folgen. Einer meiner Patienten berichtete, dass er regelmäßig Blut im Stuhl hat, wenn er Kuchen gegessen hat. In der Klinik wurde er dann fälschlicherweise nur auf Zölliakie untersucht, was nicht anschlug. Daraufhin wurde er als gesund nach Hause entlassen mit der Bemerkung Sie vertragen Gluten.

Antikörper im Blut können gemessen werden. Dadurch lässt sich genau sagen, gegen welche Lebensmittel Antikörper vorhanden sind. Man sogar die Menge der Antikörper einschätzen, so dass man sieht ob eine starke oder schwache Reaktion vorliegt. Wichtig ist, dass bei einem solchen Antikörpertest die Gruppen IgG1... IgG3 erfasst werden. Denn Antikörper vom Typ IgG4 lösen keine Entzündung aus.

Für die Messung extrahiert das Labor alle IgG Antikörper aus dem Blut und verdünnt die Flüssigkeit. Diese Flüssigkeit mit den Antikörpern wird nun auf Testfelder gegeben, auf denen sich Extrakte aus den wichtigsten Nahrungsmitteln befinden. (In diesem Fall wären vor allem Weizen, Dinkel und Gluten interessant). Wenn in der Flüssigkeit Antikörper gegen diese Nahrungsmittel vorhanden sind, dann bleiben sie auf den Testfeldern klebern. Im nächsten Schritt werden die Antikörper angefärbt. Die Schwärzung des Feldes sagt dann aus, wie viele Antikörper gegen das Nahrungsmittel im Blut vorhanden waren.

Abbildung: Dieser IgG1...4-Antikörpertest zeigt starke Reaktionen auf verschiedene Getreidearten (Pro Immun M-Test)

Neben den IgG Antikörpern gibt es weitere Mechanismen, durch die Gluten so schwere Entzündungen auslöst. Es fällt auf, dass einige Patienten auf Gluten viel stärker reagieren als auf andere Getreide, obwohl Antikörper-Tests bei ihnen ähnlich starke Allergien auch gegen andere Getreide zeigen.
Der Gluten-Bestandteil Gliadin führt innerhalb weniger Minuten zu einer Ausschüttung von Zonulin. Das ist eine Substanz, durch die sich die Zellzwischenräume (Tight junctions) des Darms öffnen. Dadurch können Substanzen in den Körper gelangen, die eigentlich den Darm nicht durchdringen sollten. In der Folge kommt es zu Entzündungen. (Fasano 2011)
Zonulin kann im Blut oder Stuhl gemessen werden, und auch die Schädigung des Darms lässt sich durch Laborwerte nachweisen.

Ein indirekter Nachweis einer Glutenunverträglichkeit ist durch Ihre Symptome möglich. Wenn sie nach Genuss von Weizen/Gluten starken Durst haben und später viel Harn lassen müssen, ist eine Gluten-Unverträglichkeit sehr wahrscheinlich. Wenn diese Symptome auch noch verschwinden, wenn sie Gluten und Weizen versuchsweise komplett meiden, ist die Sache eindeutig.

Weitere Labortests können die Stärke der Auswirkungen aufzeigen:

Therapie bei Gluten-Unverträglichkeit

Die Therapie ist ganz einfach: Wenn Sie Weizen und Gluten und Weizen in jeder Form weglassen, verschwindet die Darmentzündung innerhalb weniger Tage.

Die Entzündung klingt ab, das eingelagerte Wasser wird frei und wird schließlich ausgepullert. Danach sind sie etwa 1...2 kg leichter, denn so schwer ist das Wasser, das der Darm eingelagert hatte. Nachts können sie wieder durchschlafen, weil sie nicht oder nur 1x auf Toilette müssen. Die Durstanfälle nach dem Essen sind verschwunden.

Leider verschwindet eine einmal bestehende Unverträglichkeit von Gluten meist nicht wieder. Das Immunsystem merkt sich Gluten als Feind.

Wenn sie wieder Gluten essen, werden sie wieder darauf reagieren: Durst und Gewichtszunahme sind die typischen Anzeichen und später häufiges Harnlassen. Mit Laborwerten ließe sich auch die Entzündung nachweisen.

Aber selbst, wenn sie ihren Glutenkonsum nur deutlich reduzieren, haben sie viel für sich gewonnen. Denn die biochemischen Auswirkungen im Körper sind dann natürlich viel geringer, als wenn sie ständig eine Entzündung des Darms hätten.

Sehr kranke Menschen, die auf Gluten reagieren, sollten es komplett weglassen.

Vermeiden sie daher
- alle Nahrungsmittel mit Weizen oder Dinkel (Brot, Nudeln, Kuchen, Puddings)
- alle Fertignahrungsmittel, denen Gluten zugesetzt wurde (auf die Zutaten sehen!)

Roggenbrot ist nur zulässig, wenn es keinerlei Zusatz von Weizen oder Gluten enthält (bei einigen Bio-Bäckereien erhältlich, aber meist nicht im Supermarkt). Und es darf natürlich auch keine Allergie gegen Roggen vorliegen.

Glücklicherweise gibt es seit einigen Jahren eine zunehmend größere Auswahl von glutenfreien Backwaren, die auch geschmacklich immer besser werden. Auch Mehl aus Maismehl ist erhältlich, das sich wie normales Mehl verwenden lässt.

Auch möglich: Unverträglichkeit von Weizen/Roggen/Gerste durch Alpha-ATI

Keine Zölliakie, keine Allergie gegen Weizen, keine Unverträglichkeit von Gluten - und trotzdem heftige Reaktionen auf Weizen?
Ja, auch das ist möglich. Der Auslöser dafür liegt in einer Substanz, die verschiedene Getreidesorten bilden, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (Alpha-ATI) in Weizen, Roggen, Gerste machen jedoch das Leben nicht nur für Käfer schwer, sondern auch für einige Menschen.
In modernen Getreidesorten wurde die Menge dieser ATI auf 200% hochgezüchtet. Sie überstehen Erhitzung und werden auch durch das Verdauungssystem kaum abgebaut.

Erscheinungsbild:
Innerhalb von Stunden bis Tage treten Symptome auf: Reizdarm Unwohlsein, Müdigkeit, Benommenheit und Hautausschläge

Selten: heftige Reaktionen auf Weizen durch eine WDEIA

WDEIA = "wheat dependent excercise induced anaphylaxis" (weizenabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie)

Die WEIA ist eine Art Sofortreaktion, ähnlich wie eine Allergie vom Soforttyp, die aber nur auftritt, wenn in den nächsten 2 Stunden nach dem Weizengenuss körperliche Anstrengung oder ein anderer Verstärkungsfaktor dazu kommt.
Die typischen Symptome sind dann Auftreten von Quaddeln oder Nesselsucht, Gesichtssschwellungen oder auch Juckreiz, Hitzegefühl oder eine Flush-Symptomatik. Es sind auch Asthmaanfälle, Atmenot, Herzrasen, Schwindel, Blutdruckabfall und Magen-Darm-Reaktionen möglich (Durchfall, Erbrechen).

Das hautpsächlich die Reaktion auslösende Allergen ist das Omega-5-Gliadin, also ein Bestandteil des Glutens, der nur in Weizen enthalten ist, aber nicht in Dinkel.

Bei 80 Prozent der Patienten mit WDEIA kann man im Blut Antikörper gegen das Omega-5-Gliadin nachweisen. Damit gilt die Diagnose als gesichert.

Mehr Info über die WDEI: Interview zur WDEIA mit Dr. med. Silke Hofmann auf www.mein-allergie-portal.com

Gluten-Ataxie

Dies ist eine weitere weitgehend unbekannte Krankheit durch Gluten, die durch die üblichen Testst übersehen wird.

Nicht immer oder ausschließlich manifestiert sich die Unverträglichkeit gegenüber dem Getreide-Klebereiweiß in gastro­enterologischen Symptomen: Bei der Gluten-Ataxie, einer ebenso wie Zöliakie durch Gluten verursachten Autoimmunerkrankung, sind vielmehr das Kleinhirn und die peripheren Nerven betroffen, mit fort­schreitendem Verlust von Gleichgewicht und Koordination, Gangunsicherheit und anderen neurologischen Symptomen.

Auch die Diagnostik ist eine andere: Im Unterschied zur Zöliakie ist bei der Gluten-Ataxie nicht die Gewebs­transglutaminase TG2 das primäre Ziel der Autoantikörper, sondern die neuronale Glutaminase TG6.
Kyra Kaufmann hat Erfahrungen mit diesem Krankheitsbild.

Durchlässiger Darm (Leaky Gut) und Gluten – zwei Beispielfälle

Bei einem Leaky gut sind die Darmzellen so weit auseinander gerückt, dass Eiweißbestandteile aus der Nahrung ins Blut geraten, wo sie nie hinkommen dürften. Der Körper hält diese fremden Eiweiße für gefährlich und entwickelt IgG Antikörper gegen sie.
Auf diese Weise entwickeln sich über die Monate und Jahre dann immer mehr Allergien gegen Nahrungsmittel. Ich habe viele Patienten mit einem Leaky gut, die gegen 60 bis 90 Nahrungsmittel solche Allergien entwickelt haben, nachweisbar durch Antikörpernachweis im Blut.
Für den Körper sind diese Reaktionen eine ständige Entzündungsquelle mit allen schädlichen Auswirkungen, die Entzündungen auf den Status de Vitalstoffe im Körpers haben (Folgen von nitrosativem Stress bzw. in Medizinersprache: von RNS = reaktiven Nitrogenspezies). Es entstehen Mängel an lebensnotwendigen Vitalstoffen wie Vitamine und Spurenelemente, dazu Enzymschäden, Funktionsstörungen in Zellen und Organen.

Ein preiswerter Messwert für einen Leaky gut ist die Bestimmung von Alpha-1-Antitrypsin im Stuhl. Diese Substanz kommt normalerweise im Stuhl kaum vor (Gesunde: Messerte <5 mg/dl). Bei einem Leaky gut sickert diese Substanz aus dem Blut in den Stuhl und kann sich je nach Stärke des Bildes massiv erhöhen (Leaky gut bei Werten >27 mg/dl. Es treten sogar Werte bis 80 mg/ml auf.)   

Wie oben bereits erwähnt, ist ein bekannter Auslöser für einen Leaky gut die Ausschüttung von Zononlin, und dieses wird durch Gluten im Essen ausgelöst.

Ich zeige hier Laborwerte einer Langzeitbeobachtung von zwei jungen Frauen, 15 und 17 Jahre alt, die sehr anschaulich zeigen, wie durch den strikten Verzicht auf Weizen/Dinkel ein Leaky gut mit der geeigneten Unterstützung sehr schnell ausheilen kann.
Am Ende von Zeitraum 4 aßen beide versuchsweise wieder Dinkel – und damit entwickelte sich innerhalb weniger Wochen der Leaky gut wieder neu.

Fazit: Beide sollten im weiteren Verlauf ihres Lebens möglichst konsequent Weizen/Dinkel/Gluten vermeiden

A1-AT bei Glutenabstinenz und Konsum
Messwerte für Alpha1-Antitrypsin von Patientin 1 (orange) und Patientin 2 (blau) im Zeitraum von 1,5 Jahren
Ausheilung des Leaky Gut innerhalb von 2 Monaten bei Abstinenz von Gluten

Zeitraum 1: Einnahme von Glutamin, Cholin, Chondroitin, ABER keine Abstinenz von Weizen/Dinkel/Gluten

Zeitraum 2 + 3:  Einnahme von Glutamin, Cholin, Chondroitin + Strikte Abstinenz Weizen/Dinkel + Abstinenz der allergenen Nahrungsmittel –> Ausheilung des Leaky gut innerhalb von 2 Monaten

Zeitraum 4: (keine Messung) normale Ernährung, allergene NM im Rotationsprinzip

Ende Zeitraum 4: um die Wirkung von Weizen auszuprobieren, aßen beide in einem Zeitraum von ca. 1 Monat im Herbst 2021 wieder 3...4× pro Woche Weizen/Dinkel. Der zuvor ausgeheilte Darm entwickelte daraufhin sehr schnell wieder einen Leaky gut.

Anzahl der Nahrungsmittelallergien, die sich bereits entwickelt hatten (IgG Antikörpertest):
Patientin 1, 15 Jahre: 19 Allergien (2 stark, 1 mittel, 1 gering, 15 schwach)
Patientin 2: 17 Jahre: 13 Allergien (0 stark, 0 mittel, 4 gering, 9 schwach)

Falsche Propheten

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. spielt eine unrühmliche Rolle bei der Verharmlosung von Gesundheitsrisiken durch Gluten. In wessen Interesse sie dies tut, kann man nur raten. Den Patienten schadet es.
Dieser unter anderem vom Freistaat Thüringen geförderte Verein verbreitet die Auffassungen von Prof. Dr. Peter Köhler, der die schädlichen Auswirkungen von Gluten in den Medien öffentlich in Frage stellt und verharmlost.

Gluten ist für die allermeisten Menschen zumindest kein negativer Stoff. Es wird verdaut im Körper, wie andere Proteine auch, und der Körper gewinnt Energie daraus. Aber: Weizen kann auch richtig krank machen. Das nennt man dann Zöliakie, (Zitat aus der Sendung Markt vom 15. Juni 2015 des WDR-Fernsehen)

Diese wenigen Sätze enthalten gleich vier Unwahrheiten. Richtiger ist:

  1. Gluten ist für sehr viele Menschen eben doch ein negativer Stoff, vor allem für kranke Menschen, weil es heftige Entzündungen bewirken kann.
  2. Wenn Gluten vollständig verdaut (also in Aminosäuren zerlegt) werden würde, könnte es nicht so heftige Entzündungen bewirken.
  3. Der Körper hat auf Dauer immer weniger Energie zur Verfügung, nicht mehr. Denn Entzündungen durch Gluten erzeugen nitrosativen Stress, und dieser führt auf mehrere Arten zu einem Energieeinbruch, weil die Mitochondrien in ihrer Funktion gestört werden und schließlich immer weniger ATP bereitstellen. (Unter anderem erzeugt nitrosativer Stress starke Mängel an B-Vitaminen, die im Zitratzyklus benötigt werden. Außerdem blockiert er das Enzym Pyruvat-Dehydrogenase, welches die Zelle benötigt, um Zucker in Energie umzusetzen.)
  4. Zölliakie ist eine ganz andere Erkrankung und eine Reaktion auf einen anderen Bestandteil von Gluten. Bei den meisten Menschen, die Weizen richtig krank macht, liegt eben keine Zölliakie vor, sondern eine Gluten-Unverträglichkeit, die sich auch eindeutig nachweisen lässt.

Die DGfE führt regelmäßig Konferenzen durch, zu denen auch im Gesundheitswesen Tätige eingeladen werden, und versucht auf diesem Wege ihre Unwahrheiten zu propagieren.

Zonulin – ein wichtiger Helfer in der Diagnose des „Leaky-gut-Syndrom“ – verständliche Zusammenfassung, bei welchen Krankheiten ein durchlässiger Darm begleitend auftritt

Fasano, A.: „Zonulin and its regulation of intestinal barrier function: the biological door to inflammation, autoimmunity, and cancer“; Physiological Review 2011, 91, pp. 151–175,

L. Tuckova et al., „Activation of macrophages by food antigens: enhancing effect of gluten on nitric oxide and cytokine production“, Journal of Leukocyte Biology, v. 67, 2000 – Darmzellen von Mäusen bilden NO und aktivieren die Makrophagen nach Kontakt mit Gluten oder Gliadin, aber solche Reaktionen bleiben aus bei Kontakt mit den typischen Allergenen Soja, Eiweiß und Kasein.

"Nutritional Wheat Amylase-Trypsin Inhibitors Promote Intestinal Inflammation via Activation of Myeloid Cells." Gastroenterology. 2017 Apr;152(5):1100-1113.e12. doi: 10.1053/j.gastro.2016.12.006. Epub 2016 Dec 16., PMID: 27993525

 

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